Wochenend-Lektüre: Andrea Camilleri – Das graue Kleid

Ein pensionierter Banker am ersten Tag seines Ruhestandes: aus dem Tresor seiner Bank hat er drei anonyme Briefe mitgenommen, zwei beziehen sich auf Mafia-Geschäfte, der dritte offenbart die Untreue seiner 25 Jahre jüngeren Ehefrau. Was auf den ersten Blick wie eine übliche Ehebruchsgeschichte daher kommt, entpuppt sich schnell als Psychogramm einer alles andere als übliche Ehe.
Eine feine Beobachtungsgabe und pointierte Dialoge verhelfen dem schmalen Bändchen zu einer unterschwelligen Spannung, der sich der Leser nur schwer entziehen kann. Die Ehe zwischen Adele und ihrem namenlos bleibenden Ehemann ist nicht so einfach gestrickt wie es das simple Muster „junge Ehefrau betrügt älteren Ehemann“ zunächst glauben lassen will. Die Motivation beider Figuren ist glaubhaft herausgearbeitet, wobei die Erzählung die Perspektive des Ehemannes beibehält, der Leser Adele also nur mit den Augen des betrogenen und dennoch liebenden Ehemannes betrachtet.
Eine wunderbare Lektüre für ein verregnetes Wochenende und ein Camilleri auf der Höhe seiner Kunst.
Lesen!

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