Eins zu Null für Katze Weiß

Katze Weiß frisst gern.
Ihr Nassfutter.
Ihre Trockenfutter-Ration.
Die Trockenfutter-Ration von Katze Schwarz.
Die Blumen der Menschenfrau.
Die Cornflakes der Menschentochter. Wahlweise mit Milch oder ohne.
Das belegte Brötchen des Menschenmannes, notfalls auch trocken.
Wenn’s schnell gehen muss („Ver*%$“§$tes Katzenvieh!“), auch mal Brötchen frisch aus mit der Papiertüte…

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Und führt zu einigen auf den ersten Blick recht eigentümlich anmutenden Gebräuchen der Menschenfamilie.

Blumen stehen bei uns oft im Badezimmer. (Katze Weiß kommt nicht an die Türklinke)
Cornflakes lagern wir grundsätzlich im Backofen. (Klappe zu schwer für gewisse weiße Pfoten)
Der Brötchenkorb steht nur unmittelbar während des Frühstücks auf dem Tisch, ansonsten lagert er auf dem Hängeschrank. (Noch. Katze Weiß arbeitet an einem Weg da hinauf…)

Und das Trockenfutter-Schälchen von Katze Schwarz steht im geschlossenen Schrank.

Wenn Katze Schwarz Hunger auf einen kleinen Snack zwischendurch hat, setzt sie sich vor den Schrank. Wer immer gerade vorbei kommt, macht ihr dann die Tür auf, damit Katze Schwarz snacken kann.
Meistens hoppelt Katze Weiß dann auch recht zügig in die Küche.
Und guckt Katze Schwarz beim Fressen zu.
Schiebt sich unauffällig näher.
Katze Schwarz ist ein geselliges Tier, daher macht sie Katze Weiß gern Platz am Napf.
Das ist der Moment, in dem Katze Weiß regelmäßig von Menschenhand eingefangen wird.
Das ärgert sie.

Vor ein paar Tagen war es dann soweit: Zeit für eine Strategie-Anpassung.

Katze Schwarz sitzt vor dem Schrank und nimmt einen kleinen Happen zu sich.
Katze Weiß schleicht sich in die Küche, sieht die Menschenfrau am Tisch sitzen und bleibt unschlüssig in der Tür stehen.
Kurzer Blick in Richtung Katze Schwarz, die geräuschvoll vor sich hin knuspert.
Unschlüssiges Schwanzwedeln von Katze Weiß.
Menschenfrau liest weiter in der Zeitung.
Katze Weiß setzt sich zielstrebig in Bewegung. Statt zum Napf zu tapsen, umrundet sie Katze Schwarz jedoch und steigt IN den Schrank.

Menschenfrau schaut verdutzt hinterher.

Katze Schwarz knuspert unbeeindruckt weiter.

Katze Weiß kriecht im Schrank hinter die Kartoffelkiste, wühlt sich zwischen den Essig- & Ölflaschen durch, steigt über die Alufolie hinweg und erreicht den Futternapf von der anderen Seite.

Zweistimmiges Knuspern ertönt.

Die Menschenfrau lässt ihren Kopf ganz sachte auf den Tisch sinken und wimmert leise…

Des Stiefels Leid ist der Katze Freud‘ ….

Winter in Norddeutschland.
Überraschenderweise mit Schnee.
Als die ersten Flocken fielen, war ich verzückt: Ich mag Schnee.
Der macht die Welt ein Stückchen gemütlicher, weil: langsamer.
Mir war nur nicht klar, um wieviel langsamer meine Welt werden würde, bis ich mich aufmachte, meine Winterstiefel anzuziehen.
Meine Stiefel sind nichts Besonderes – in erster Linie sind sie robust.
Und grün.
Mit wirklich langen Schnürsenkeln.
Ahnt ihr was?
Ich jedenfalls war völlig unvorbereitet, als ich mich aufmachte, meine Winterstiefel zum ersten Mal in diesem Winter anzuziehen:

Menschenfrau tappst auf den Dachboden und kramt die Winterstiefel aus.
Menschenfrau tappst wieder runter.
Scheucht Katze Weiß in die Wohnung.
Stellt die Stiefel vor die Bank und friemelt die Schnürsenkel aus den Stiefeln.
Steht auf, geht zur Wohnungstür und läßt Katze Schwarz herein.
Geht wieder zur Bank zurück, zieht Katze Weiß aus dem rechten Stiefel und steckt den eigenen Fuß hinein.
Beginnt, die Schnürsenkel über Kreuz zu verschnüren:
1. Haken …
… 2. Haken …
… Katze Weiß krallt sich den rechten Schnürsenkel und läßt ihn nicht wieder los.
Menschenfrau zerrt hin und her, schließlich:
… 3. Haken, inklusive Katze am Band …
Katze Schwarz hängt mittlerweile am linken Schnürsenkel. Es folgt das gleiche Schauspiel: Menschenfrau zerrt, Katze läßt nicht los.
Schließlich: 4. Haken.
Katze Weiß kaut hingebungsvoll an ihrem Senkel und hört erst auf, als Katze Schwarz ihr die Beute abjagt.
Gerade noch rechtzeitig hat die Menschenfrau ihre Finger in Sicherheit gebracht.
Katze Weiß beäugt interessiert den linken Stiefel.
Die Menschenfrau widmet sich der „Zielgeraden“:
Jetzt nur noch einmal den Schnürsenkel (Igitt, nass) um den Stiefel gewicke …
… Katze Schwarz hängt am Schnürsenkel …
Katze Schwarz verscheucht.
Also, jetzt aber: Schürsenkel einmal um den Stiefel ge …
… Katze Schwarz hängt am Schnürsenkel …
Katze Schwarz verscheucht.
SchnürsenkeleinmalumdenStiefelgew…
VERFLIXTE Katze Schwarz, DU GEHST MIR AUF DEN SENKEL!
Katze Schwarz verscheucht, schnürsenkeleinmalumdenStiefelgewickeltundganzschnelleinKnotenrein
Uff, geschafft.
Und nun der linke …
?
?!
Seufz.
Aufgestanden, linken Stiefel aus der Küche zurück in den Flur geholt.
Katze Weiß läuft protestierend hinterher.
Schnell Fuß in den Stiefel und die Schnürsenkel gekrallt – ah, zu spät! Es hängt schon wieder eine Katze dran …

Nach vier Wochen Dauerschnee kann ich verkünden: ich mag keinen Schnee. Weil der die Welt verdammt viel langsamer macht.

Anna und der Meerschweinchenvampir

Ich gestehe – ich habe eine zweite Liebe neben meiner schwarz-weißen.

*diskretes Husten aus dem Off*

Ähm … und natürlich meiner Familie. Also im Grunde eine dritte Liebe.

Ich liebe Bücher.

Ganz besonders liebe ich Bücher, die auf die eine oder andere Art ungewöhnlich sind.
Und davon am liebsten sind mir die absolut ungewöhnlichen Bücher für Kinder. Weil die in der Masse der durchschnittlichen „Gelesen-und-sofort-wieder-vergessen-Geschichten“ so besonders wertvoll sind. Finde ich.
Letztens bin ich wieder über so ein Buch gestolpert – „Anna und der Meerschweinchenvampir“ heißt es, geschrieben hat es Christine Goppel und erschienen ist es in der Duden-Erstlesereihe Lesedetektive.

Nun sind Erstlesebücher zwar in der Regel mehr oder weniger liebevoll gestaltet, jedoch selten besonders originell. Nicht so dieses! Schon das Thema ist eher ungewöhnlich: die kleine Anna ist Vampirfan. Am liebsten wäre sie selbst einer, und weil das nicht geht, tut sie so als ob. Ihr Bett hat sie schwarz angemalt und natürlich trägt sie jeden Tag einen schwarzen Umhang – auch zur Schule. Ihre Mitschüler halten sie für etwas merkwürdig, doch nur Paula macht sich offen über sie lustig. Weil Anna niemanden zum Spielen hat, wünscht sie sich einen Vampir als Freund von ihren Eltern. Am nächsten Tag wartet eine Schachtel auf sie:

„Vorsichtig öffnet Anna den Deckel. Und tatsächlich, da sitzt jemand drin. Er ist schwarz. Schwarz wie die Nacht. Seine Zähne sind weiß und scharf und seine Augen blitzen edel und grausam zugleich. Wie bei einem echten Vampir. Ansonsten könnte man ihn fast mit einem Meerschweinchen verwechseln.“

Besagter Meerschweinchen“vampir“ kann nicht nur Tränen mit seiner Meerschweinchenzunge trocknen, sondern darf am Haustiertag auch mit zur Schule. Anna kann mit ihrer fantasievollen Vorstellung des „Herrn Grafen“ bei ihren Mitschülern punkten und löst eine regelrechte Fantasiewelle aus: plötzlich hat auch der harmloseste Papagei eine geheime, fantastische Seite – jedem Mitschüler fällt eine neue märchenhafte Geschichte zu dem eigenen Haustier ein, nur Paula kann nichts weiter zu ihrem Kanninchen sagen, als dass es eben ein stinknormales, langweiliges Kanninchen ist …

Die Geschichte ist nicht nur mit leisem Humor erzählt, sondern auch liebevoll und herrlich schräg von der Autorin selbst illustriert. Schon auf der Titelseite macht sich der Meerschweinchenvampir über eine ahnungslose Tomate her – niedlich, das Vieh!

Wiedergeburt, die zweite

Katze Weiß ist eine Wiedergeburt – ich glaube, ich erwähnte es bereits.
Unter den vielen abgelebten Leben muss sich auch das einer Wühlmaus befinden.
Schein eine sehr nachhaltige Erfahrung gewesen zu sein, denn auch als Katze lässt das blöde Tier das Graben nicht.
Dass sie mir die Balkonkästen mit schönster Regelmäßigkeit umpflügt, damit kann ich ja schon fast leben. Gut, wird halt nicht selbst gezogen, setzt ich eben großes Grünzeug rein, denn zu viel freie Erde verleitet zum exzessiven Buddeln. Die Erinnerung daran, wie ich einmal mit kleinem Eimerchen bei den Nachbarn klingelte, um die Füllung meines Blumenkastens von ihrem Balkon aufzuklauben, steht mir noch sehr deutlich vor Augen, danke, ich brauche keine Wiederholung.
Dass sie mir das Ginkgo-Bäumchen ausgräbt, konnte ich nur mit einem psychologischen Trick gerade noch verhindern. Ich hab‘ einfach Rasen ausgesät. In den Kübel. Seitdem brauchen wir kein Katzengras mehr.
Der Winter sorgt dann für den Rest, so hoffte ich.
Kübel zum Überwintern auf den Dachboden = Winterschlaf für die Wühlkatzemaus.
Einfache Gleichung. Dachte ich.
Eben fand ich eine Spur aus erdigen Katzentapsen.
Sie führt zum Fensterbrett, wo ein kleines Häufchen Erde leise vor sich hin auf den Teppich rieselt.
Seufz.
Ich geh dann mal meine Handschuhe suchen.

Und den KAKTUS wieder einpflanzen.