Vampir im Katzenfell

Katze Weiß ist voluminös.
Das liegt zum einen an ihrem wirklich flauschigen, langen und vor allem zahlreich vorhandenen Fell, zum anderen daran, dass sie schlicht und ergreifend eine dicke Katze ist.
Wir haben schon viel probiert, um das Gewicht von Katze Weiß zumindest etwas zu reduzieren.
Das ist aber gar nicht so einfach, denn Katze Schwarz frisst nicht allein.
Die verrücktesten Dinge haben wir ausprobiert, bis wir uns schließlich der Erkenntnis stellen mussten, dass all diese Methoden lediglich zu zwei unterschiedlichen Ergebnissen führen würden: eine verhungerte schwarze oder eine dicke weiße Katze. 
Aus naheliegenden Gründen haben wir uns für die Variante „dicke weiße Katze“ entschieden.
Damit aus der dicken keine völlig verfettete Katze wird, gibt es ein paar Regeln, die mehr oder weniger gut funktionieren.
Katze Weiß bekommt morgens zusammen mit Katze Schwarz eine (kleine) Portion Trockenfutter. Da Katze Schwarz selten alles auffrisst, wird der Rest zur Sicherheit in den Schrank gestellt. Hat Katze Schwarz Hunger, setzt sie sich vor den Schrank und bekommt ihr Schälchen, Katze Weiß darf leider nur zusehen (so die graue Theorie – die Praxis sieht oft anders aus).
Abends gibt es dann eine kleine Portion Nassfutter für beide. Die Sorte (und damit auch die Menge) wechselt regelmäßig, da die Katzen Schwarz und Weiß die Abwechslung lieben. 
Derzeit gibt es Futter aus dem „Tütchen“.
Die Portionen sind eher winzig, was Katze Weiß offenbar als persönlichen Affront auffasst.
Daher hat sie beschlossen, die Futtermenge eigenständig zu erhöhen:
Nun sitzt ich hier mit 6 perforierten Futtertütchen und kann sehen, dass wir die verfüttert kriegen, bevor sie verderben. Grummel. 
Vampirfilme sind für Katze Weiß erst mal gestrichen.

Bestellungen ans Universum

Ist euch das auch schon mal passiert? 
Ihr grübelt darüber nach, wie schön es doch wäre, wenn Ding xyz das eure wäre oder wie toll es  wäre, wenn Ereignis zyx einträfe – und schwupps! ist es auch schon geschehen?
Manchmal sind solche Sachen echt merkwürdig, finde ich.

Gestern lese ich während der Mittagspause im Bücherforum, dass eine Userin sich kätzischen Familienzuwachs zu ihren zwei Katzentieren dazu holen wird. Da freut man sich dann mit. Und wird ein wenig wehmütig.
Denn die Katzen Schwarz und Weiß waren ja schon groß, als wir sie aus dem Tierheim holten. Und es wäre durchaus schön, ein kleines Katzentier um sich zu haben.
Aber: die Wohnung ist mit den Katzen Schwarz und Weiß definitiv ausgelastet.
Die Nerven des Menschenmannes übrigens auch.
Also schnell mit der Userin mitgefreut und den Gedanken an Katzenzuwachs weit weggeschoben.
Abends dann hurtig ins Auto und ab nach Hause.
Rein ins Treppenhaus, ganz in Gedanken in den dritten Stock gestiefelt.
Vor unserer Wohnungstür erwarten mich die Stiefel der Tochter – natürlich wieder mitten auf der Fußmatte.
Daneben hat es sich eine Katze gemütlich gemacht.
Eine nicht mehr kleine, aber auch noch nicht ganz ausgewachsene Katze, nebenbei bemerkt.

Ich muss ganz schön blöd aus der Wäsche geguckt haben, das hat das Katzentier aber nicht weiter gestört. Die hat mich eher erwartungsvoll angesehen, ganz nach dem Motto: „Wird aber auch Zeit, dass du endlich kommst.“
Mein Mann macht die Tür auf, die Katze steht auf und will zu uns in die Wohnung. Alles ganz selbstverständlich und kein bißchen ängstlich. Die Katzen Schwarz und Weiß lungern zwischen den Beinen des leicht genervten Göttergatten und besehen sich den Neuankömmling deutlich zurückhaltender als dieser die beiden.
Bevor wir mitten auf der Türschwelle in einen Katzenkampf geraten, schiebe ich unseren Gast wieder auf die Fußmatte, schließe die Tür und lasse mir erzählen, warum auf unserer Fußmatte eine Katze sitzt, die offenbar glaubt, bei uns zu Hause zu sein.

Viel kann mein Mann nicht sagen – das Tier saß plötzlich da, eine halbe Stunde bevor ich nach Hause kam.
Vor einiger Zeit hatten wir draußen eine Katze beobachtet, die vielleicht das Tier auf unserer Matte war, aber wo sie hingehört, wußten wir nicht. Also beschließen wir, die Katze nach draußen zu bringen. Die Umgebung wird hoffentlich ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen und sie ihr richtiges Zuhause finden lassen.
Ich schnappe mir also das zutrauliche Katzentier und stiefle wieder nach unten. Die Katze sitzt vor der Haustür, guckt mich groß an und lässt durch nichts erkennen, ob sie weiß, wo sie hin muss.
Neben dem Haus ist der Hundetreff noch im vollen Gang, also beschließe ich, das Katzentier wieder mit nach oben zu nehmen.

Die Tochter ist begeistert und möchte das Tierchen am liebsten sofort adoptieren, der Mann wehrt sich mit Händen und Füßen gegen dieses Ansinnen.

Auch wenn es schwer fällt: er hat ja recht.

10 Minuten später ist der Hundetreff offenbar aufgelöst und ich trage die mittlerweile auch leicht genervte Katze wieder nach unten. (Knurrt das Tierchen mich doch tatsächlich an!)

Unten angekommen, trollt sich die Katze nun endlich doch gemächlich von dannen. Ich bleibe noch in der Tür stehen, weil ich sehen möchte, wo sie hinläuft, da stürzt auf einmal ein Mini-Spitz an mir vorbei, das aufgeregte Frauchen rennt hinterher und ruft sich die Seele aus dem Leib: „Nein, Fluffi, nicht zur Katze!“
„Upps“, denke ich noch bei mir, „ist der Hundetreff wohl doch noch nicht ganz vorbei“, da ist Fluffi im Eifer des Gefechtes auch schon an der Katze vorbei gelaufen.
Die bleibt kurz stehen, guckt – und hetzt im affentempo und mit imponierenden Sprüngen dem armen Hund hinter her!

Bevor es Fluffi jedoch an den Kragen geht, hat Frauchen ihn eingeholt und zieht ihn – jetzt an der Leine – wieder zur Wiese zurück.
Und die Katze sitzt schmollend unter dem Auto.

Und oben in der Wohnung schmollt die Tochter.
Sie hätte die Katze doch sooo gerne behalten.
Wo sie doch so gut zu uns gepasst hätte.

Sie war nämlich schwarz-weiß.

Wochenend-Lektüre: Andrea Camilleri – Das graue Kleid

Ein pensionierter Banker am ersten Tag seines Ruhestandes: aus dem Tresor seiner Bank hat er drei anonyme Briefe mitgenommen, zwei beziehen sich auf Mafia-Geschäfte, der dritte offenbart die Untreue seiner 25 Jahre jüngeren Ehefrau. Was auf den ersten Blick wie eine übliche Ehebruchsgeschichte daher kommt, entpuppt sich schnell als Psychogramm einer alles andere als übliche Ehe.
Eine feine Beobachtungsgabe und pointierte Dialoge verhelfen dem schmalen Bändchen zu einer unterschwelligen Spannung, der sich der Leser nur schwer entziehen kann. Die Ehe zwischen Adele und ihrem namenlos bleibenden Ehemann ist nicht so einfach gestrickt wie es das simple Muster „junge Ehefrau betrügt älteren Ehemann“ zunächst glauben lassen will. Die Motivation beider Figuren ist glaubhaft herausgearbeitet, wobei die Erzählung die Perspektive des Ehemannes beibehält, der Leser Adele also nur mit den Augen des betrogenen und dennoch liebenden Ehemannes betrachtet.
Eine wunderbare Lektüre für ein verregnetes Wochenende und ein Camilleri auf der Höhe seiner Kunst.
Lesen!