Knappe Sache

Katze Schwarz ist ein eifriges Tier. Beschleunigt von 0 auf 100 in weniger als 2 Sekunden. Eben noch Tiefschlaf, zack sitzt sie neben einem, weil man halt gerade die Dose mit der Teewurst geöffnet hat. Die Instinkte der Katze Schwarz schlafen nie.

Das musste auch eine unvorsichtige Blaumeise am eigenen Leib erfahren. Eben noch flattert sie sorglos vor sich hin – und zack, ein Rumms, und das Vögelchen hängt in der schwarzen Katzenschnauze.

Katze Schwarz macht sich eilig auf, ihren Fang in Sicherheit zu bringen. Der piepst einmal schwach seinen Protest in die Welt hinaus und ruft damit die Menschenfrau und Katze Weiß auf den Plan. Während Katze Schwarz noch versucht, Katze Weiß zu umgehen, die der Jagdbeute der Katze Schwarz grundsätzlich recht aufgeschlossen gegenüber steht – zu aufgeschlossen, wenn es nach Katze Schwarz geht – arbeitet sich die Menschenfrau von der anderen Seite an die umherschleichende Katze Schwarz heran.

Es gibt ja zu Hauf diese Berichte von gerührt-angeekelten Katzenbesitzern, die davon erzählen, wie ihnen das Katzentier freudestrahlend Beutetiere als Geschenk vor die Füße legt. Katze Schwarz ist da nicht ganz so sentimental. Sie hält nicht viel von Geschenken. Ihre Beute hat sie selbt erlegt und möchte sie auch – bitteschön! – selbst verspeisen. Katze Weiß möge sich das bitte endlich hinter die weißen Puschelohren schreiben.

Gleiches möge gefälligst auch für die Menschenfrau gelten, doch die ist noch unhöflicher als Katze Weiß und klemmt sich die Katze Schwarz samt Beute zwischen die Füße. wo sie das widerwillige Katzentier nötigt, die Blaumeise loszulassen. Die ist arg zerrupft und kann gerade mal zweimal hilflos mit den Flügeln flattern, da stürzt auch schon Katze Weiß heran. Die Menschenfrau hätte jetzt gern 8 Arme, mindestens, schafft es aber irgendwie, zwei komplett durchgedrehte Katzen auf Abstand zu halten, während sich eine geschockte Blaumeise an ihren Finger krallt und nicht den Eindruck erweckt, diesen irgendwann in nächster Zeit wieder loslassen zu wollen. Wer könnte es ihr verdenken.

Mit Mühe kämpft sich die Menschenfrau den Weg auf den Balkon frei. Dort überredet sie die Blaumause dazu, sich doch lieber an einen Rest Löwenmäulchen im Blumenkasten zu klammern, nimmt ihren Finger und zwei enttäuschte Katzen mit hinein und schließt die Tür fest hinter sich zu.

Die nächsten Minuten kleben die Katzen Schwarz und Weiß förmlich an der Scheibe. Die Blaubmeise braucht etwas mehr als 5 Minuten, um sich zu berappeln. Schließlich schüttelt sie sich, plustert sich ein ein wenig zurecht und fliegt davon.

Wo steckt das Vögelchen – Urlaubsfreuden in Schwarz-Weiß Vol. 3.5

Samstag, 30.07.11

Nachmittägliche Stille. 
Katze Schwarz liegt im Gras und döst, Katze Weiß schläft auf dem Sofa.
Die Menschenfamilie sitzt daneben und liest.
Weit weg am Horizont zieht ein Vogelschwarm vorbei und verschwindet in den Dünen.

Verträumt schaut die Menschenfrau hinterher. Das Land hier ist so schmal, dass ein Mensch bequem zu Fuß von einer Küste zur anderen wandern könnte. Das Meer ist immer gegenwärtig und der Wind lässt niemals nach. Und trotzdem flitzen die winzigen grau-braunen Vögel in wolkengroßen Schwärmen hin und her, trotzen dem Wind mit Flügeln, die so zart sind, dass man fürchtet, die nächste Böe würde sie brechen und den kleinen Körper nie wieder fort lassen. Jeder Flug ein Kräftemessen, die Vögel wie Treibgut in einem luftigen Meer, angeschwemmt und fortgespült von unsichtbaren Wellen.

Und dennoch erreicht jeder Vogel sein Ziel.
Mancher jedoch schießt über’s Ziel hinaus.
Und saust wie ein kleiner turbogetriebener Federball in den Wintergarten.
Die Menschenfrau wirft ihr Buch fort und stürzt durch die Tür.
Bevor sie den Vogel erreicht, taucht Katze Weiß aus unbestimmten Gefilden auf und springt.
Und fängt den noch immer völlig verdatterten Vogel. 
Das Mäulchen voller Federn sitzt Katze Weiß auf dem Boden und erwidert den Blick der Menschenfrau. Es ist schwer zu sagen, wer über diesen Fang verblüffter ist – Katze Weiß oder die Menschenfrau. Vermutlich ist es doch der Vogel.

Nachdem der erste Schreck überwunden ist, berappelt sich das Vögelchen und entwischt, als Katze Weiß abgelenkt ist. (Natürlich hat die Menschenfrau Schuld.) Ein paar Federn gehen noch verloren, bevor es der Menschenfrau gelingt, den Vogel zu schnappen, ohne über Katze Weiß zu fallen und sicher nach draußen zu bringen.

Der Wintergarten ist mit Federn übersät, doch Katze Weiß macht sich sogleich daran, jede einzelne aufzusammeln und gründlich zu untersuchen. Könnte doch sein, dass sich das Vögelchen darunter versteckt ….